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Betrifft: Stef Stauffer erklärt, was es mit ihrer «Literatur in kleinen Dosen» auf sich hat. Und in welchen Dosen sie selbst Literatur liest.
Was ist «Literatur in kleinen Dosen»?
«Literatur in kleinen Dosen» ist ein sprachlicher Stimmungsaufheller, der ohne Beigabe gesundheitsgefährdender Zusatzstoffe im hauseigenen Sprachlabor angefertigt und auf legalem Weg vertrieben wird. Er ist einfach, schnell und jederzeit und überall anwendbar, kann unbeschränkt gelagert werden und ist bei Zimmertemperatur haltbar. Ganz konkret handelt es sich um drei Aludöschen, in die je eine aufheiternde Kürzestgeschichte verpackt ist.
Wie bist du auf diese Idee gekommen?
Im Rahmen der ganzen Diskussion um die Impfdosen habe ich mir die Frage gestellt, ob diese Dosen wohl aus Alu oder Weissblech seien. Auch überlegte ich mir, wie Lieferengpässe vermeidbar wären, würde man selber auch anfangen, Dosen herzustellen und mit ihnen zu handeln. Als Autorin bin ich weniger auf dem medizinischen Sektor tätig, also habe ich angefangen, meine Worte zu dosieren, um sie einerseits haltbar zu machen – auch ungekühlt –, damit sie andererseits später bei den Anwenderinnen und Anwendern ihre positive Wirkung auf das Wohlbefinden würden entfalten können.
Wie kommt die Literatur in die Dosen?
Die Kürzestgeschichten werden auf dünnes Papier gedruckt und gefaltet und eingerollt, jede Geschichte einzeln und in Handarbeit. Dies ist etwas zeitintensiv, und Fingerspitzengefühl ist sicher von Vorteil.
Stellst du immer noch alles selber her?
Um etwaigen Lieferengpässen vorzubeugen, habe ich bereits früh angefangen, die Fühler nach Unterstützung auszustrecken, und tatsächlich bin ich bei den Werkstätten der Universitären psychiatrischen Dienste in Köniz fündig geworden. Dort wird nun der grösste Teil der Dosen befüllt und diese versandfertig verpackt.
«Unerfüllte Liebe», «ungeklärter Mord» und «unverständliche Prosa»: wie kommst du zu deinen Geschmacksrichtungen?
Liebesgeschichten sind immer ein Renner, wer es etwas härter mag, greift zum Krimi. Aber auch Intellektuelle sollen nicht zu kurz kommen. Ich habe versucht, die gängigsten Geschmacksrichtungen zu treffen – nicht auszuschliessen ist, dass in weiteren Serien das Sortiment erweitert wird. Die Nachfrage nach beispielsweise «ungereimter Lyrik», «ungehöriger Erotik», «unartigen Kindergeschichten» oder «unwahren Biografien» ist nachweislich vorhanden.
Deine filigran gefalteten Textstreifen erinnern an Beipackzettel. Hand aufs Herz: hast du jemals einen solchen gelesen?
Einerseits sollte man ja das Kleingedruckte niemals unterschätzen. Andererseits kommen mir «unnötige Beipackzettel», «unbeliebte Gebrauchsanleitungen» und «ungemein allgemeine Geschäftsbedingungen» definitiv nicht in die Dosen.
Ich kriegte bei der «unverständlichen Prosa» die Krise. Der Streifen wollte sich der Reihe nach nicht falten lassen, danach wollte er sich nicht aufwickeln lassen und zu unguter Letzt hatte er auch noch keinen Bock drauf, sich in die Dose füllen zu lassen. Geht dir das bei der seriellen Herstellung deiner Medizin auch so?
Wir üben uns ja momentan in nichts so sehr wie in Geduld. Und trotz allen Übens werden wir darin nicht unbedingt besser. So gesehen ist das Verpacken der Texte eine zusätzliche Steigerung dieser ganzen coronabedingten Herausforderung. Aber wenigstens bringen die fixfertigen Päckchen am Ende des Tages einiges an Befriedigung mit sich. Man sieht, was man geleistet hat. Auch wenn es nur ein paar befüllte kleine Dosen mehr sind.
Wo kann man deine Literaturmedizin kaufen?
Einerseits über meine Website www.stefstauffer.com, dann auch über den Webshop des Zytglogge Verlags. Einige Buchhandlungen führen das Produkt in ihrem Sortiment, jede Buchhandlung kann die «Literatur in kleinen Dosen» aber dank der ISBN-Nummer (978-3-7296-5075-6) bestellen.
Wie reagieren die Patientinnen und Patienten auf deine Dosen?
Da die Anwendung im Selbsttest und anschliessend bei einigen freiwilligen Probandinnen und Probanden getestet werden konnte, kann allen Interessierten versichert werden, dass keine unerwünschten Nebenwirkungen beobachtet wurden. Natürlich gibt es immer wieder Literaturresistenzen, dagegen hilft einzig der Gang in die Buchhandlung. Beliebt ist das Produkt nicht nur zur Deckung des Eigenbedarfs, sondern auch als Geschenk, da seine Wirkung als unmittelbarer Stimmungsaufheller eine Dosis Freude beschert. Ungewiss ist noch, ob sich eventuelle Abhängigkeiten bemerkbar machen werden, Langzeitstudien konnten noch keine durchgeführt werden.
Wie geht es weiter mit deinen Dosen?
Ja, das ist natürlich die Preisfrage. «Literatur in kleinen Dosen» ist ja im oberen Preissegment angesiedelt – dies aufgrund der hochwertigen Ausgangsmaterialien und der Einzelanfertigung per Handarbeit unter fairen Bedingungen –, trotzdem ist es kein Luxusgut, sondern erschwinglich für alle, die auf Qualität und regionale Produkte setzen. Ausserdem ist es nicht rezeptpflichtig und erspart somit einen Arztbesuch.
Die Produktion ist erst angelaufen, jetzt muss sich die «Literatur in kleinen Dosen» auf dem Markt natürlich etablieren. Nachfüllgeschichten oder weitere Serien sind auf jeden Fall nicht ausgeschlossen.
Auch wurde dem Sprachlabor dieser Tage von einer Schulleitung eine Serie «Schulentwicklung in kleinen Dosen» in Auftrag gegeben. Die Idee ist, wie man sieht, also noch ausbaubar und auf diversen Ebenen einsetzbar.
Wie bist du als Autorin durch Lockdowns und Pandemie gekommen?
Natürlich bin ich von Berufs wegen geübt, in den heimischen vier Wänden auf mich allein gestellt produktiv zu sein. Aber «Bluescht», der Mundartroman, der im April 2020 erschienen ist, konnte erst ein einziges Mal im Rahmen einer minimalen Buchvernissage vorgestellt werden. Der direkte Kontakt zur Leserschaft ist nur sehr beschränkt möglich, was natürlich schade ist. Mir fehlt das direkte Feedback, das Publikum als Gegenüber.
Glaubst du, der Lockdown war dem Lesen und der Literatur eher zu- oder abträglich?
Da ich weder zu Prognosen noch zu Einschätzungen neige – das überlasse ich lieber den Fachleuten und der Statistik –, kann ich da nur meiner Hoffnung Ausdruck geben, es sei mehr gelesen worden, denn natürlich ist es wünschenswert, dass im Gegenzug zur angestrebten Herdenimmunität bezüglich der Pandemie das Lesefieber um sich gegriffen hat und sich nachhaltig auf die Befindlichkeit der Bevölkerung auswirkt, was erfreulicherweise einen zusätzlichen positiven Effekt auf den Buchhandel generieren würde.
In welchen Dosen produzierst du Literatur?
Im Herstellungsprozess befindet sich gerade der dritte und letzte Roman meiner Mundarttrilogie. «Hingerhang» erschien im Herbst 2018, «Bluescht» im Frühling 2020, «Chräiefüess» wird im Herbst 2021 erscheinen. Dazwischen liegen jeweils anderthalb Jahre, die jeweilige Dosis liegt bei rund 150 Seiten. Das ist aber nicht mein Standard, sondern in diesem speziellen Fall der für mich richtige Rhythmus. Wann und ob und was danach kommt, steht noch nirgendwo geschrieben.
In welchen Dosen konsumierst du Literatur?
Bei Liegestuhl- und Regenwetter neige ich zu Übermass.
Hattest du schon mal eine Literaturüberdosis?
Mein Körper zeigt gesunde Abwehrreaktionen. Bevor ich in ein Lesekoma falle, schlafe ich ein. Es kommt aber durchaus vor, dass eine Geschichte, die mich zu packen vermag, Vorrang hat vor beispielsweise Hausarbeit oder sozialen Kontakten, was zu Überreaktionen im nahen Umfeld führen kann. Literatur ist also durchaus mit Risiken und Nebenwirkungen verbunden. Und: Ein gutes Buch hat durchaus Suchtpotenzial.
Liebe Stef, danke für deine wohldosierten Antworten!
Hier geht's lang.
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