„Federn lassen“ ist eine ebenso poetische wie ungeschminkte Aneinanderreihung von Situationen, die ein Frauenleben von Kindheit an abwehren, hinnehmen, über sich ergehen lassen muss. In meist zwei- bis vierseitigen lose flatternden Texten, die eine lyrische Struktur verraten, erzählt Regina Dürig, wie das Kind mit vier beim Essen und Spielen in Nöte gerät, die Jugendliche sich in der Pubertät der neugierigen Zudringlichkeit der Schulkameraden erwehren muss, Nötigungen einbegriffen, die junge Frau sich immer wieder erzwungenen Missverständnissen ausgesetzt sieht und als Erwachsene schliesslich von all dem genug hat und das Thema zur Sprache bringen muss. Allein, im letzten Kapitel „Q & A“ erweist sich die Sprachlosigkeit noch immer als „ein Riss zwischen Decke und Wand“, in der die Wahrheit schier lautlos verschwindet.
Regina Dürigs Texte sind düster und zugleich auf eigene Weise hell und anmutig und schön. Die fein rhythmisierte Form mit ihren oft eigenwilligen Zeilenumbrüchen behauptet einen Eigensinn, der das Geschilderte letztlich doch überwindet. Nebst Scham und Angst und Einsamkeit steckt darin auch eine leise Wut, die gegen Ende hin immer offenkundiger wird. Regina Dürig beschreibt nicht das ganze Leben – es gibt zwischen diesen Szenen mit Sicherheit viele andere, befreiende Erlebnisse –, doch alle Kinder, Mädchen, Frauen kennen diesen Strang an schamvoll demütigenden Erfahrungen, die eine „hartnäckig patriarchale“ Welt für sie bereit hält. Dürig filetiert ihn in diesem so zurückhaltenden wie anmutigen Text heraus und macht sie sichtbar.
(Beat Mazenauer)
Vgl. Vollversion auf viceversaliteratur
Droschl, Graz 2021
ISBN: 978-3-99059-071-3
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