Anne-Lise Grobéty

Um im Februar zu sterben

«Ma vie, je la tricote dans cet écheveau plein de noeuds, je ne prends même plus la peine de les défaire, des noeuds; dans la laine, ce n'est pas joli. »

Als dem jungen Mädchen Aude auf offener Strasse unwohl wird, lässt sie sich von einer liebenswürdigen Frau helfen. Die Begegnung mit Gabrielle ändert Audes Leben: Vor dem braven Mädchen, das noch bei den Eltern wohnt, tut sich eine neue Welt auf. Eine verführerische, kultivierte, freie, lebenskünstlerische Welt. In Romainmôtier gehen sie gemeinsam ins Café, sehen sich ausserdem Ausstellungen an. Aude zeigt Gabrielle ihre Gedichte, erzählt ihr von ihren studentischen Liebschaften. Nur sorgen sich die Erwachsenen um Aude: Gabrielle lebe zu freizügig, ihr dämonischer Ruf legt sich zwischen die beiden Frauen – und Aude, eingeholt von den Konventionen, zerschmettert ihre gemeinsame kleine Blase. Es bleibt ihr nichts anderes, als das Bekenntnis dieses Intermezzos schriftlich niederzulegen und Gabrielle nachzuweinen, der sie ihre Initiation verdankt. Zwischen ihnen passiert nichts, doch es ist so viel geschehen: Vor Gabrielle wusste Aude nichts vom Atmen, vom Lieben, vom Sich-Auflehnen, vom Leben – und Gabrielle hat ihr alles beigebracht. Die kaum 18-jährige Gymnasiastin Anne-Lise Grobéty schreibt „Um im Februar zu sterben“ in einigen Wochen, sendet es der Jury des Georges-Nicole-Preises, verführt sie mit der ernsten und bewegenden Leichtigkeit dieses langen beschwörenden Murmelns, das in der Westschweiz ein aussergewöhnliches Phänomen ausgelöst hat: Die Jugendlichen reissen sich um diese so widersprüchliche „Éducation sentimentale“, diese ebenso romantische wie verzweifelte Geschichte, machen ihr Buch daraus: den Roman ihrer sinnlichen und antibürgerlichen Bestrebungen. Ein literarisches Schicksal ist geboren.
(Isabelle Falconnier, übers. von Christoph Roeber)

Der Text ist erstmals 2013 in L'Hebdo Hors-série: «Littérature Suisse, 100 livres essentiels» erschienen.

Übersetzung des Titels: Pour mourir en février

pudelundpinscher, Wädenswil 2016

ISBN: 978-3-906061-08-5