Franz Hohler

Der Granitblock im Kino

«Ein Mann, der den Namen Oskar Vanderbeuren trug, machte einmal eine Erfindung. Es gelang ihm nämlich, aus verschiedenen Substanzen ein Bartfett herzustellen. Dieses Fett bewirkte, dass ein Bart durch und durch fettig wurde, und zwar auf Jahre hinaus. Nach einem solchen Fett bestand aber überhaupt kein Bedürfnis, und so wandte sich Oskar Vanderbeuren wieder anderen Beschäftigungen zu.»

Ein gutes Kinderbuch taugt auch für Erwachsene. Das gilt nicht immer, doch im Fall von Franz Hohlers modernen Märchen «Der Granitblock im Kino» gibt es in dieser Hinsicht keine Zweifel. Das Buch ist ein grossartiges Lesevergnügen voll obskurer Einfälle, die die Welt auf den Kopf stellen, damit sie richtig steht. Franz Hohler beweist sich als schmunzelnder, hinterlistiger Didaktiker, der auch den Erwachsenen eine neue Optik einzuflüstern vermag. Wer ahnt denn heutzutage - im Zeitalter von Frühenglisch - noch, dass es sich bei der Herkunftsbezeichnung «Made in Hongkong» um Grüsse aus der Ferne handelt. Es lebte nämlich einmal eine Made im Garten, die wegen ihrer ganz besonderen Kleinheit gehänselt wurde. Um es denen zuhause zu zeigen, wanderte sie nach Ostasien aus, um ihr Glück zu suchen. Die Botschaft ihres Erfolgs liess sie auf alle Spielwaren aufdrucken, die sie inzwischen herstellte - doch heute hat sie sich längst allgemein durchgesetzt und niemand weiss mehr um die Made.
So und ähnlich verlaufen Hohlers Geschichten. Im Unterschied zur Made ist dem Erfinder eines Bartfetts kein Erfolg beschieden, weil sich niemand dafür interessierte. Franz Hohlers «Wegwerfgeschichten» (so lautet der Titel eines seiner früheren Bücher) beweisen dabei erstaunlich lange Nachwirkung. Trotzdem sollte man sie hin und wieder hervorkramen, um sie aufzufrischen und mit dem Grantiblock kichernd auszurufen: «na altes Haus!»
(Beat Mazenauer)

Luchterhand, Neuwied 1981

ISBN: 3-596-27549-0