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«Ich träumte mich nach innen, in schneckenartige Labyrinthe, bis an den Tränenpunkt. Dort war es weit und still.»
Ilma Rakusa ist in Ungarn geboren und in Maribor, Budapest, Triest aufgewachsen, bevor sie 1951 als Fünfjährige mit ihrer Familie in die Schweiz emigrierte. Davon erzählen ihre «Erinnerungspassagen» mit dem Titel «Mehr Meer». In 69 kurzen Kapiteln beleuchtet Rakusa ein Dasein, dem ein sicherer Ort fehlt. Träumend versucht das Mädchen, das sie damals war, mit seiner unsteten Kindheit zurecht zu kommen. Sie erzeugt kein künstliches Kontinuum, sondern legt ihre Reminiszenzen als eine Textur aus vereinzelten, zwanglos einander zugehörigen Puzzleteilen aus. Gefangen von der «Gravitation der Erinnerung» erweckt die Autorin geliebte und sonderliche Menschen, zauberhafte und schreckliche Orte, Vorstellungen und Gefühle zu neuem Leben. Die Bilder «in Ehren», schreibt sie, doch Erinnerung geht in erster Linie durch die Nase. So sind es die Gerüche und Düfte, die verlässlich gegen das Vergessen helfen und ihrer Prosa sinnliche Lebenskraft verleihen. Mit feiner Melancholie und Detailgenauigkeit lässt Ilma Rakusa durchblicken, dass ihre Heimat zuallererst in der Sprache liegt – genauer in den vielen Sprachen, die sie beherrscht und zu denen sie als Autorin und Übersetzerin immer wieder zurückkehrt.
(Beat Mazenauer)
Schweizer Buchpreis 2009
Droschl Verlag, Graz 2009
ISBN: 978-3-85420-760-3