Es ist im Grunde nur ein Pilot, der bruchlandet, doch mit ihm gerät das häusliche Leben sanft aus der Balance. Der Pilot selber bringt es später, wie er aus dem Koma aufgewacht ist, auf den Punkt: „Wir sind alle Bruchpiloten.“ Das ist tröstlich und desillusionierend zugleich. Die Mutter aber, ihr Kinder und schliesslich ihr Mann machen das Beste daraus und geben ihrer Sehnsucht freien Raum. Claudia Walder gelingt es, diese ganz und gar unspektakuläre Geschichte mit einer Schlichtheit und Reife zu erzählen, die schnell darüber hinwegtäuscht, dass es sich um eine unspektakuläre Begebenheit aus vergangener Zeit handelt. Es geht ums Ganze, steht zwischen den Zeilen: um das Sehnen und das Pflichtbewusstsein. Und um ihr Gleichgewicht. Das ist überzeugend schön erzählt, mit einem leichten Zug ins Märchenhafte, in dem das Exemplarische steckt. Wie halten wir es mit unseren Träumen?
Es gibt Hoffnung überall. Das geheime Zentrum und eigentliche Faszinosum dieses Buches ist aber vielleicht ein anderes – eine wahrhaftige Utopie: Die Menschen hier gönnen einander von Herzen die Träume vom Fliegen und Wegsein, auch wenn sie zuhause bleiben. Wo gibt es das schon? Hier, in dieser unaufgeregten Geschichte von den Bruchpiloten des Lebens, die nach ihren Niederlagen wieder aufstehen und den Himmel suchen. Es schon schiefgehen, doch es muss nicht.
(Beat Mazenauer)
Verlag die Brotsuppe, Biel 2022
ISBN: 978-3-03867-061-2