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Betrifft: Das diesjährige «Jahrbuch der Schweizer Literaturen» widmet sich dem Thema «Trotz». Rezension von Gregor Szyndler.
«Viceversa Literatur» ist das Jahrbuch der Schweizer Literaturen. Es erscheint seit Mai 2007 jährlich auf Deutsch (Rotpunktverlag, Zürich), Französisch (Editions Zoé, Genf) und Italienisch (Edizioni Casagrande, Bellinzona). Das Jahrbuch «Viceversa Literatur | Viceversa Littérature |Viceversa Letteratura» ist die einzige viersprachige Literaturzeitschrift der Schweiz (in der sich immer auch weitere Sprachen finden, etwa Ukrainisch in der aktuellen Ausgabe). Viceversa macht das literarische Schaffen der Schweiz über die Sprachgrenzen hinaus bekannt und fördert den Kulturaustausch. Die aktuelle Ausgabe von «Viceversa Literatur» ermöglicht Begegnungen mit 15 Autorinnen und Autoren aus allen Landesteilen. Das Thema der Ausgabe ist «Trotz».
Eindrücklich sind die Gedichte der ukrainischen Dichterin Tanja Maljartschuk, die den Reigen der Autorinnen und Autoren eröffnet. Maljartschuks Gedichte «Für solche Sünden wird Gott noch danken» drehen sich um Paradoxe und Wahrnehmungen: «kann man einschlafen und noch einmal im Traum / doppelt einschlafen / und danach ebenso / doppelt erwachen?». In ihrem Spaziergang durch Kontinente und Jahreszeiten nimmt Maljartschuk aber auch den Schrecken vorweg: «es gibt eine Zeit zum Blühen und eine zum Fallen der Blätter / […] / eine zum Bestellen des Feldes und eine zum Pflanzen von Kreuzen» (die Gedichte stammen aus dem Jahr 2020).
Dem Alltag abgetrotzt
Mit dem Thema «Trotz» setzt sich Schriftsteller und Filmemacher Matthias Zschokke auseinander. «Vielleicht ist Kunst grundsätzlich etwas dem Alltag Abgetrotztes; vielleicht braucht sie Dürre, Frost und Gegenwind, um gedeihen zu können.» Im Gespräch mit Ruth Gantert bringt er die dem Schreiben innewohnende Komplexität auf einen erfrischend einfachen Nenner: «Du musst endlich akzeptieren, dass du jemandem eine Geschichte erzählen willst. Wenn das so ist, dann erzähl sie doch.»
Leontina Lergier-Caviezels Text «Standhalten» ist die Geschichte einer vom Gemeindevorstand geschwängerten Frau, 18 sie, 20 Jahre älter er. Rasant breitet sich das Gerücht «in den Gassen, am Dorfbrunnen und an der meisa rodunda, dem Stammtisch», aus. Im Interview mit Silvana Derungs denkt Leontina Lergier-Caviezel über den autobiografischen Gehalt ihrer Texte nach: «Schreiben ist heikel. Insbesondere in einer kleinen Gemeinschaft, wo jeder jeden kennt werden [Geschichten] mit einem anderen Fokus gelesen. Ich muss aufpassen, um die Personen aus meinem Umfeld zu schützen.»
Aufruhr und Verweigerung
Aufgelockert werden die Texte von Illustrationen von Simone F. Baumann – sie zeichnet «expressiv und humorvoll Alltagsszenen des Aufruhrs und der Verweigerung». Da wird das Multitasken auf die Schippe genommen, Stundenpläne entpuppen sich als Mausefallen und Menschen können sich nicht entscheiden zwischen «One Love» und leistungssteigernder Pharmazie.
Abgeschlossen wird das Jahrbuch wie gewohnt mit einem Rückblick aufs «Literaturjahr 2022» (Kurzkritiken aus den Landesteilen), einer Chronik und einem Verzeichnis der 2022 erschienenen Übersetzungen hiesiger Titel zwischen den einzelnen Landessprachen. Gerade dieser abschliessende «Serviceteil» zeigt, was fehlen würde, wenn es «Viceversa» nicht mehr gäbe:
- Eine sorgfältig und sachkundig kuratierte Zusammenstellung des literarischen Jahres. In allen Landessprachen. Samt Übersetzungen.
- Eine Plattform, auf der sich Autorinnen und Autoren mit ihren Texten präsentieren – und uns in Interviews und verortenden Texten nähergebracht werden.
- Eine Tiefe und Intensität der literarischen Begegnung, wie man sie in den Feuilletons kaum mehr findet.
- Eine Plattform des Austauschs zu den der Literatur benachbarten Künsten, etwa zur Illustration.
BAK streicht Subventionen
«viceversa literatur» hilft bei der Orientierung in der gegenwärtigen literarischen Produktion der vier Landessprachen. Durch die Verbindung von literarischen Primärtexten, essayistisch-biografischen Vertiefungen sowie Gesprächen mit den Autorinnen füllt das Jahrbuch eine Lücke, die der fast nur noch nach dem Motto «Schnappatmung und Modetrend» operierende Literaturjournalismus nicht mehr erfüllt. Dass das Bundesamt für Kultur BAK beschlossen hat, diesem Unterfangen ab 2025 die Subventionen zu streichen erscheint in diesem Licht desto unverständlicher.
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