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Betrifft: Julia Kohli beantwortet das Literaturschweiz.ch-Fragebuch.
- Welches ist mein schrecklichstes Literatur-Erlebnis?
Gedichte aufsagen in der Schule. Ganz klar die Erfindung eines Tyrannen.
- Welches ist mein schönstes Literatur-Erlebnis?
Immer wenn ich beim Lesen vergesse, dass ich lese. Das passiert zum Glück fast jeden Tag.
- Was ist die dümmste Literatur-Frage, die mir je von einer Journalistin oder einem Journalisten gestellt wurde?
Ich wurde noch nicht so oft befragt. Ich freue mich auch über jede dumme Frage.
- Betrunken schreiben kann ich a) besser, b) schlechter, c) mich nicht erinnern.
Kann ich gar nicht. Was dabei heraus kommt, ist sehr ernüchternd.
- Betrunken lesen kann ich a) besser, b) schlechter, c) mich nicht erinnern.
Schlechter.
- Welchen Text hätte ich richtig gerne selbst geschrieben?
Das habe ich mir noch nie überlegt. Ich bin froh, dass ich ich bin. Und: Es hält mich ja nichts davon ab, diesen Text noch zu schreiben.
- Welchen Text bin ich richtig froh, nicht selbst geschrieben zu haben?
Vielleicht eine Laudatio für Claas Relotius?
- Hat mir schon mal jemand einen literarischen Einfall geklaut? Falls ja: wie rächte ich mich?
Nein. Und wenn, dann wäre es mir egal. Es gibt keine Literatur, die aus dem Nichts entsteht. Schreibende klauen überall, ob bewusst oder unbewusst. In der Kunst ist es auch so. Eine Künstlerin hat mir mal erzählt, dass ihr ein Kollege ins Gesicht gesagt hat, er werde ihre Idee klauen, sie aber besser umsetzen. Nun würde man einem solchen Typen gerne eins in die Fresse schlagen, aber leider ist die Aussage legitim. Es kommt auf die Umsetzung an.
- Warum bezeichne ich mich eigentlich als: a) AutorIn, b) SchriftstellerIn, c) SchreibendeR, d) LiteratIn, e) ??? Wie dauerte es, bis ich mich so bezeichnete?
Ich bin noch nicht am Punkt, wo ich das weiss. Autorin klingt jedoch am sympathischsten. Achtung, jetzt wird’s bildungsbürgerlich – der «auctor» im Lateinischen kann ja so ziemlich alles zwischen Berichterstatter und Schöpfer sein. Ich mag Wörter mit über zwanzig Bedeutungen.
- Ich würde eher a) über das Wetter reden, wenn mir an einem Apéro nichts einfällt, oder b) über das Wetter schreiben, wenn mir nichts zum Schreiben einfällt. Warum?
Ich rede gerne über das Wetter und ich schreibe auch gerne darüber, bei mir wäre das keineswegs ein Notfall. Ich wüsste nicht, was am Thema Wetter verwerflich sein sollte. Besonders interessant finde ich Gewitter. Die meisten meinen, sie verstehen Blitze, dabei rätseln Wissenschaftler immer noch über dieses Phänomen. Es ist nicht so einfach, wie man glaubt.
Julia Kohli, geboren 1978 in Winterthur, absolvierte eine Buchhandelslehre. Ausserdem studierte sie Wissenschaftliche Illustration sowie Anglistik und Osteuropäische Geschichte in Zürich. Sie arbeitet als freie Illustratorin und Onlineproduzentin bei der NZZ und studiert Kulturpublizistik an der ZHdK. Sie lebt in Zürich. Ihr Manuskript «Böse Delphine» wurde 2018 mit dem Studer/Ganz-Preis für das beste unveröffentlichte Prosadebütmanuskript ausgezeichnet.
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