LiteraturSchweiz

Aktionstheater

Kurz notiert, schnell gelesen Die bibliophile Notiz für Kalenderwoche 2

Eine extrem fehlerhafte Edition von Kafkas «Das Schloss», finanziert mit Mitteln der EU und kostenlos an Schulen verteilt, versetzte die Medien im Herbst 2011 in helle Aufregung. Doch so schlimm scheint es um die Bildungspolitik doch noch nicht bestellt zu sein: Hinter dem Kafka-Buch steckt die österreichische Aktionsgruppe The BirdBase.

1000 Exemplare von Kafkas «Schloss», versehen mit insgesamt 1850 (!) Fehlern, will The Bird Case an Schulen und Medien verteilt haben, inklusive Pressematerial vom fiktiven Verleger Adrian Schulz vom Verlag Gehlen & Schulz. Zwei Millionen Exemplare will man gedruckt haben, gefördert mit 345'000 Euro von der EU. Von Bild bis FAZ, und auch das Börsenblatt, alle haben über den Kafka-Skandal berichtet. Jetzt stellt sich heraus:

«Das Buch war ein Hoax, ein 'Grubenhund', wie ihn Karl Kraus einst praktizierte. Ein practical joke, eine scherzhafte Aktion mit ernstem Anliegen. Und alle, die sich mit dem Thema befasst haben, sind darauf hereingefallen», schreibt Die Presse. Die Aktionsgruppe The BirdBase wollte mit der Aktion Kritik am österreichischen Bildungssystem üben. «Wenn sich nichts ändert, werden solche Bücher der Normalfall sein», heißt es der Zeitung zufolge in einem Schreiben der Gruppe, die etwa 100 Teilnehmer haben soll, darunter viele Lehrer. (bm) –– Quelle: Börsenblatt, Wochenmagazin für den deutschen Buchhandel, 17. November 2011

An dieser Stelle präsentieren wir wöchentlich eine bibliophile Notiz. Kalenderwoche 1: Lesesucht