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Gerhard Meister

Die Frau im Tram

Lauschangriff Fehlgegangene Abstimmungen, drohende Kriege und dann noch die Unsitte der Satzfrage im zeitgenössischen Journalismus – ist es also so wichtig, in welcher Sprache die Frau zwei Reihen hinter mir in ihr Handy sprach?

Ist es der Mitteilung wert, dass ich, unterwegs im Tram in irgend einer Schweizer Stadt (Basel, um genau zu sein, aber das spielt nun wirklich keine Rolle) mich quer in meinen Sitz legte und damit mein eines Ohr in Position brachte, um nichts zu verfehlen von der Rede, die ich nicht nur nicht verstand, sondern auch keiner der mir bekannten Sprachen zuordnen konnte?

Ich entschied mich zu Methode und schloss aus, was sicher nicht in Betracht kam, also Englisch, alle romanischen Sprachen, die Skandinavischen und nach einigem Zögern auch die Slavischen.

Dann Türkisch, dann Arabisch. Aus Gründen allerdings, die so platt sind, dass ich mich, falls gewünscht, sofort ein bisschen dafür schäme (für Türkisch hörte ich zu wenig von der Silbe ül, für Arabisch zu wenig raue Chs). Auch Ungarisch, das wusste ich, hätte irgendwie anders geklungen, getakteter vielleicht, ein prägnanteres T und R und Finnisch war es auch nicht, obwohl ich nicht erklären könnte, weshalb.

Die Frau hatte im Übrigen von ihrem Aussehen her nichts Fremdländisches an sich, sie war jemand von hier, keine Frage, wenn nicht Schweizerin, so doch Europäerin, die vielleicht grad mit der Chinesin plauderte, bei der sie ein Austauschjahr verbracht und dabei perfekt Chinesisch gelernt hatte

So meine allerdings sofort wieder verworfene Vermutung, nachdem etwa ein halber Satz lang von diesem konsonantenarmen Singsang an mein Ohr drang, das jemand wie ich, der keine Ahnung von Chinesisch hat, für typisch Chinesisch zu halten gerne geneigt ist.

Natürlich hatte ich mich längst dazu entschieden, die Frau danach zu fragen, in welcher Sprache sie sich da soeben unterhalten habe. Wie gesagt, sie sah sehr von hier aus, eine gemeinsame Sprache würde sich finden, davon war ich überzeugt. Ausserdem schloss ich von ihrem Äusseren auf einen höheren Bildungsstand oder zumindest darauf, dass sie bildungsmässig nicht zu den Unterprivilegierten gehörte, wenn sonst nichts, so würde unserem Gespräch sicher Englisch zur Verfügung stehen. (Welche Maschinerie von Klischees nun für dieses Urteil wieder verantwortlich war, das möchte ich allerdings auch nicht weiter ausführen.)

Ausserdem war da noch das Problem, dass ich an der übernächsten Haltestelle aussteigen musste, ich sie aber erst ansprechen konnte, wenn sie ihr Handygespräch beendet hatte.

Für ein solches Ende gab es keine Anzeichen (andererseits, wie sollte ich diese Anzeichen aus einer mir völlig unbekannten Sprache heraushören?). Die Unhöflichkeit, mit meiner Frage in ihr Handygespräch hineinzufahren,  kam natürlich nicht in Betracht. Entweder sie hört auf zu reden oder ich werde nie erfahren, welche Sprache ich da eben gehört habe. Und wäre letzteres nicht vielleicht sogar schöner?

Unter solchen und ein paar weiteren, ähnlichen Gedanken vergingen diese drei oder sogar fünf Minuten, die entschieden zu den vergnügten dieses Tages gehörten.

Ein Blog-Beitrag von «Bern ist überall» im Journal B. Zuletzt: Qu'est-ce qu'on peut bien dire? von Daniel de Roulet.

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