Perikles Monioudis

Frederick

«Frederick tanzte blind, sinnbildlich in seinen Bewegungen gefangen. Viel mehr brauchte er zu seinem Glück nicht. Das Publikum, das Millionenpublikum zumal, war ein Artefakt seines Tanzens, das er für sich selbst kultivierte.»

Die modernen Mythen sind aus Celluloid gemacht. Fred Astaire (1899-1987) gehört zu ihnen – zusammen mit seiner Partnerin Ginger Rogers, beispielsweise in Filmen wie „The Gay Divorcee“ (1934) oder „Top Hat“ (1935). Fred Astaire steht einzigartig für die Verbindung von Film und Tanz. Perikles Monioudis ist von ihm fasziniert, deshalb hat er ihm einen Roman gewidmet. Darin folgt er den Lebensstationen vom kleinen Jungen über den erfolgreichen Filmstar bis zum älteren Herrn, indem er die Biographie vom Korsett der Faktizität befreit und hinzuimaginiert, was sich dem historischen Blick verweigert. Eine Schönheit von Mann war Astaire nie. Er selbst glaubte, zu grosse Ohren zu haben, und einen bedenklich nach hinten wandernden Haaransatz, weshalb er ein Toupet trug. Dennoch verzauberte er seine Fans, wenn er förmlich über dem Parkett zu schweben schien. Astaire machte die als quälend empfundene „Hässlichkeit“ mit seiner Virtuosität vergessen. Privat dagegen hielt er sich scheu und seriös zurück, der grosse Auftritt war bei ihm ganz der Theaterbühne und dem Filmset vorbehalten. Die Ambivalenz zwischen Schein und Sein demonstriert, wie alles Schöne eine Kehrseite kennt: den Verfall. In diesem Spannungsverhältnis legt Monioudis seinen gleichermassen dokumentarischen wie fiktionalen Roman an. Er lässt insbesondere den circensischen Momenten in Astaires ersten Filmen breiten Raum. Und zwischendurch schwirrt mehrfach auch eine teuflische Figur in unterschiedlichen Gestalten durch das Set, welche den Perfektionisten Astaire bedrängt und ihm die eigene Vergänglichkeit ins Bewusstsein rückt. Sein Autor Perikles Monioudis ist stets nah bei ihm, das titelgebende „Frederick“ bezeugt die Intimität, mit der er Astaires Karriere in einer Weise folgt, die seine Faszination für diesen begnadeten Tänzer nie verhehlt. Astaire ist der Künstler, der das ewig Schöne sucht und selbst doch sterblich ist. „Frederick“ stellt sich in die Tradition des Künstlerromans, doch er zollt dabei der medialen Moderne Tribut, indem er einen Filmstar und Tänzer zum Helden erhebt.
(Beat Mazenauer)

dtv, München 2016

ISBN: 978-3-423-28079-2