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«Es ist ein Land, in dem alle zur Katze werden, ein Land ohne Menschen und voller Stille. Schleichen, sitzen, lauern, schlafen, mehr braucht man hier nicht zu tun. Frieden ist oberstes Gebot. Muss ein schönes Land sein, denke ich.»
Drei ältere Männer treffen sich regelmässig zum Abendessen. Dazu spielen sie das Carambole-Spiel, bei dem man mit einem weissen Stein kleine farbige Spielsteine herumschubst und in Löcher versenkt. Der danach benannte zweite Roman von Jens Steiner erzählt in einzelnen Mosaiken von einer dörflichen Idylle, deren träges Einerlei förmlich zu explodieren droht. Es ist kurz vor den Sommerferien. Während sich die drei Alten in der Ereignislosigkeit eingerichtet haben, brennen drei Junge förmlich darauf, dass endlich etwas geschieht. Auf einmal ertönt ein Knall. Eine Fabrik sei explodiert, munkelt man. Um dieses Signal herum gruppiert Steiner seine Erzählung, in der er - wie beim Carambole – seine Spielfiguren anstösst und herumschubst. Die Explosion dient dabei als zeitlicher Anker. Manu, einer der Jungen, ist auf der Pirsch nach Schwimmkäfern, als der Knall ertönt. Und Igor spricht am Brunnen gerade mit Schorsch. Dieser geheimnisvolle Landstreicher taucht mal hier, mal da auf. Er ist das geheimnisvolle Epizentrum des Romans. Seine zwölf Kapitel erzählen in Ich- oder Er-Rede aus der Optik unterschiedlicher Figuren. Erst allmählich werden die lose verknüpften Querbezüge und Verwicklungen erkennbar, welche die Dorfgemeinschaft zusammen halten. Jens Steiner gelingen frappierende Miniaturen, die sich am Ende wie Puzzel-Stücke zueinander fügen. So fängt er atmosphärisch eine trügerische Idylle ein, in der nichts heil ist.
(Beat Mazenauer)
«Carambole» wurde 2013 mit dem Schweizer Buchpreis ausgezeichnet.
Dörlemann Verlag, Zürich 2013
ISBN: 978-3-908777-92-2