Max Huwyler (Text), Dieter Leuenberger (Ill.)

Die Stadtgartenschnecke

«Wenn ihr in der Stadt einmal ein Tram seht, das so langsam fährt wie eine Schnecke kriecht, dann schaut genau hin, ob da nicht vor dem Tram eine Schnecke unterwegs ist. Vielleicht die Stadtgartenschnecke von der Schaffhauserstrasse.»

Max Huwylers und Dieter Leuenbergers Geschichte von der Stadtgartenschnecke erzählt von unserer Ungeduld, wenn etwas nicht will, wie wir wollen. Nach dem langersehnten Gewitter macht sich eine Stadtgartenschnecke auf den Weg. Wohin, das weiss vielleicht nicht einmal sie selbst. Quer durch Zürich, vorbei an kleinen Mädchen, unter fahrenden Lastwagen hindurch, bis auf die Geleise der Tramlinie 7. Auf diesen kriecht sie stadtauswärts, sie sind schön kühl und glatt, bis von hinten ein Tram naht ...
Die Schnecke hat Glück. Der Tramfahrer hält an und steigt aus, ungeachtet empörter Passagiere und des Verkehrsstaus, den er damit produziert. Was er dann tut, steht in keiner Handreichung für Tramführer. Er beugt sich zur Schnecke hinunter und spricht mit ihr: «Die Leute wollen nach Hause fahren. Sie trage ihr Haus nicht auf dem Rücken wie du.» Langsam und deutlich redet er, weil er denkt, dass ihn die Schnecke nur so versteht.
Max Huwyler erzählt eine philosophische Geschichte über urbane Hast und tierische Langsamkeit, über Alltägliches und Surreales. Dieter Leuenberger hat sie mit grossformatigen, fotorealistischen Bildern illustriert, die vor allem von ihren Lichteffekten und überraschenden Perspektiven leben. Ein Bilderbuch zum gemeinsamen Philosophieren über Stadtschnecken und kleine Ereignisse, die den Blick auf den Alltag verändern.

(Berenice Geser)
Quelle: SIKJM

Zytglogge, Bern 1999

ISBN: 978-3-7296-0585-5